Eine Seite von chilereisen.at, ein kleiner Online-Reiseführer für Ihre individuelle Chilereise
Reisebericht mit vielen Fotos von einer Chilereise vom November und Dezember 2012
 
Home  Fotos  Bericht  Navigation  Nützliches  Impressum  Facebook  Suchen  

Im Nationalpark Los Glaciares bei El Chaltén

Der Nationalpark Los Glaciares liegt im argentinischen Teil Patagoniens in der Provinz Santa Cruz und umfasst ca. 4500 km². Die drei großen Gletscher dort sind: Perito-Moreno-Gletscher, Upsala-Gletscher und Viedma-Gletscher. Diese münden in zwei Seen, den Lago Argentino und den Lago Viedma.

Der Nationalpark ist Teil des Campo de Hielo Sur. Dieses ist das größte Gletschergebiet Patagoniens und außerhalb der Antarktis das größte der Südhalbkugel. Es liegt in den Anden, teilweise in Chile, teilweise in Argentinien. Die Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung, beträgt 350km, die Breite liegt zwischen 30 und 40km, die Fläche beträgt ungefähr 13.000km². Der Campo de Hielo Sur gilt als das größte Süßwasserreservoir in Südamerika. Es ist zugleich das drittgrößte nach der Antarktis und nach Grönland.

Da das Wetter mittelprächtig ist, planen wir einen Ausflug in einen Wald von Süd- oder Scheinbuchen (Nothofagus). Diese Bäume gibt es in dieser Vielzahl selten und überhaupt nur in Südamerika und Australien. Von den weltweit etwa 30 Arten gibt es ca. 10 in Südamerika, von denen die meisten immergrün sind. Es gibt auch Zwergformen, wobei die Übergänge fließend sind. Was bei uns im Gebirge das Grün an Koniferen ausmacht, macht hier der Nothofagus. 

Bilder zum Vergrößern anklicken! (gilt für den ganzen Reisebericht)

Karte Umgebung El Chaltén Verbreitungsgebiet Nothofagus Nothofagus, Blätter Alter Nothofagus, Lenga
Unsere Ausflüge
rund um El Chaltén
Verbreitungsgebiet
Nothofagus
Nothofagus, Blätter Alter Nothofagus
El Chaltén, Chorrillo del Salto

Chorrillo del Salto

Die seltsame Verbreitung des Nothofagus geht auf die Trennung der Landmassen von Gondwana vor 200 Millionen Jahren zurück. 

Als wir bei der Brücke über den Río Eléctrico aussteigen, regnet es waagrecht, was den zweistündigen Anmarsch zum Nothofaguswald unmöglich macht. Nach weiteren 27 km Fahrt auf einer schlechten Schotterpiste erreichen wir den Lago del Desierto (Wüstensee), an dem es nicht regnet. Auf der Fahrt dorthin kommen wir an einem argentinischen "Nationalheiligtum" vorbei. Es erinnert daran, dass das Gebiet erst 1965 von den Argentiniern mit Waffengewalt zurückerobert wurde. Das wissen längst nicht alle Chilenen! Die Grenzziehung in diesem Gebiet ist bis heute umstritten. Die beiden Länder einigten sich damals, den Konflikt ruhen zu lassen und zu einem späteren Zeitpunkt "in nächster Zukunft" neu zu verhandeln. Diese "nächste Zukunft" ist allerdings bis heute noch nicht eingetreten. 1985 stellte die argentinische Regierung die Weltöffentlichkeit vor vollendete Tatsachen, indem sie Gründe in dem bis damals unbesiedelten Gebiet an willige Siedler verschenkte und Staatsbeamten, die sich dorthin meldeten, höhere Gehälter bezahlte.

Gedenkstätte, Lago del Desierto Gedenkstätte, Lago del Desierto Gedenkstätte, Lago del Desierto Gedenkstätte, Lago del Desierto
Für meine Spanisch sprechenden Freunde und Freundinnen Gedenkstätte 

Wir beschließen eine Wanderung am Nordufer des Sees zu machen. Da es hier kaum ausgetretene Wege und keine Markierungen gibt folgen wir, so gut es geht, erkenntlichen Spuren. Diese enden bald zwischen dem See und einer Felswand. Wir legen eine Nachdenkphase ein, die wir mit einem Imbiss überbrücken. Es dauert nicht lange bis sich eine Schülergruppe mit Lehrern nähert, die ebenfalls eine Verlegenheitsjause einnehmen. Von den vier Lehrern, die mit Vierzehnjährigen einen "Abenteuerurlaub" auf einem Campingplatz machen, kann gerade einer Englisch. Die Gruppe ist sehr anhänglich und folgt uns, als wir uns wieder auf den Weg machen.

El Chaltén, Lago del Desierto

El Chaltén, Lago del Desierto

Blick über den See.
Im Hintergrund bereits chilenische Berge

Am linken Seeufer
ein gewaltiger Gletscher

Der Wald ist sehr unberührt und für einen Mitteleuropäer botanisch jedenfalls interessant. In den Astgabeln des Nothofagus wachsen parasitäre Schlauchpilze (Digüeñe). Sie sind genießbar und schmecken süßlich. Es ist in der Jahreszeit noch zu früh, aber am Boden finden sich gut erhaltene Exemplare vom Vorjahr.

Digueñe, Diguene, Digüeñe Digueñe, Diguene, Digüeñe El Chalten, Berberis buxifolia, Calafate Misodendrum punctulatum am Lago del Desierto
Digüeñe, Schlauchpilze Digüeñe
Schlauchpilz
Berberis buxifolia Der Halbschmarotzer
Misodendrum bevorzugt
Scheinbuchen
Ourisia poeppigii, Lago del Desierto Lago del Desierto Huemul El Chalten, Losung Huemul
Blumen am Bachrand,
Ourisia poeppigii
Beim Lago del Desierto Huemul Losung
Neben dem Andenkondor ist der Huemul chilenisches Wappentier Wappen, Chile

Dass der 40 km lange Rückweg nach El Chaltén fast anderthalb Stunden beansprucht, sagt etwas über den Straßenzustand aus. Heute Abend essen wir im Hotel einen regionalen argentinischen Eintopf. Er enthält Kürbis, Bohnen, Mais, Hühnerfleisch und "Körndl". Das dazu gereichte patagonische Bier ist von unseren Bieren kaum zu unterscheiden. Das dürfte an der hervorragenden Qualität des Trinkwassers und die hauptsächlich auf deutsche Wurzeln zurückreichende Braukunst liegen.

Im Hotelzimmer ist es sehr warm, da die Heizung dauernd auf Hochtouren läuft. Dies ist notwendig, weil es mitunter stark zieht und kaum Isolierglas gibt. Wahrscheinlich liegt es daran, dass Argentinien auch dezentral mit günstigem Erdgas aus eigenen Vorkommen versorgt wird. Auch der meiste Strom wird mit Gas erzeugt. Die Energieversorgung des Ortes erfolgt durch Flüssigerdgas, das in Tankwagen angeliefert wird. Hier wird der Strom allerdings vor Ort durch Wasserkraft erzeugt. Hochspannungsleitungen gibt es in dieser Region nicht, weil praktisch jeder Ort sein eigenes Blockkraftwerk hat.

Karte Campo de Hielo Continental Was gestern wegen Schlechtwetters entfiel, holen wir heute nach. Die Wanderung von El Chaltén zur Laguna Torre, einem Gletschersee am Fuße des Cerro Torre, in den sich der Torre-Gletscher ergießt. Die Tour ist leicht, ca. 11 km lang und außerordentlich beliebt. Bei einem Anmarsch von ca. 4 Stunden ist man vom Gipfel des Cerro Torre nur mehr 9 km entfernt. Der Kartenausschnitt zeigt die Tour sowie Lage, Namen und Höhe der umliegenden Gipfel. Das Wetter war durchaus freundlich aber am Lago Torre selbst von Wolken beeinträchtigt, wie aus den folgenden Bildern hervorgeht. 
Laguna Torre bei Sonnenschein El Chaltén, Cerro Solo El Chalten, Laguna Torre El Chalten, Laguna Torre
Ansicht bei Schönwetter So haben wir die
Laguna Torre erlebt
 

Entschädigt wurden wir durch die prächtige frühlingshafte Flora
Orchidee, Yellow Orchid, Gavilea kingii
Olsynium junceum, Huilmo Berberis empetrifolia, Uva de la Cordillera Anemone,multifida, Anemone magellanica
Orchidee
Gavilea kingii
Olsynium junceum Berberis empetrifolia Anemone multifida

 

Diese beiden kehrten gerade von einer Frühjahrsschitour auf den nahe gelegenen 2100m hohen Cerro Solo zurück und haben gerade den Gletscherfluss mit der "Seilbahn" überquert. Gletscherfluss an der Laguna Torre
An der Laguna Torre Meinem österreichischen Charme ist diese Argentinierin erlegen und ihr Mann gönnte mir dieses schöne Erinnerungsfoto.

Der Rückweg begann mit einer nicht alltäglichen Beobachtung eines Ententrios, das sich im Gletscherabfluss schwimmend, tauchend und flatternd flussaufwärts kämpfte.

Pato de torrente Wanderung Laguna Torre
Pato de
Torrente
Cerro Techado Negro

Beim weiteren Rückweg machte sich der patagonische Wind, von dem wir vormittags verschont geblieben waren, wieder sehr störend bemerkbar. Nicht unlustig war, dass ich Arvid oder er mich - so genau lässt sich das nicht sagen - zweimal verlor. Immer wenn er sich - aus welchen Gründen auch immer - seinen Gürtel enger schnallte, verließ er den Weg und verschwand. Ich vermutete ihn jeweils hinter mir, wartete, ging zurück, wieder vor... Als ich eine entgegenkommende Dame schließlich fragte, ob sie einen weißbärtigen Herrn gesehen hätte, unterbrach sie mich und sagte spontan: "Looking like Santa Claus?" Da wusste ich, dass er mich irgendwie überholt haben musste. Leider hatte Arvid große Probleme mit seinem Schuhwerk, das zwar neu, den Anforderungen im steinigen Gelände jedoch nicht unbedingt gewachsen war. Ich erinnerte mich sofort an die kollegiale Gosaukammumrundung, bei der Manfred - ich verschweige dezent seinen Familiennamen - mit Deichmanns unterwegs war. Liders (aus Chile) sind noch viel schlimmer, sodass Arvid zum Schluss schon schwer kämpfte. Er hatte mein Mitleid, das ihm auch nicht half, und deshalb genoss ich die Wanderung durch den Nothofagusurwald und die prächtigen Aussichten dennoch.

Auch am Rückweg boten sich noch beachtliche Ansichten:

-El Chaltén, Lengawald El Chaltén, Cerro Solo El Chaltén, Fitz Roy El Chaltén, Cerro Solo
Lengawald Cerro Solo Fitz Roy Cerro Solo

Kurz vor unserer Ankunft im Hotel begegneten wir dem Nachbarn, der seine Alpakas, die er in der Früh auf die Weide geführt hatte, wieder zurückbrachte

El Chaltén Alpaka, El Chaltén
El Chaltén Alpaka

Was Arvid und mich schon seit Tagen bewegt, ist die Frage, ob wir Wandern, Bergwandern, Spazieren, Weitwandern oder Trekking waren. Hängt es von der Länge, der Breite oder Güte des Weges, von der Zeitdauer, von der Steigung, der Schönheit der Gegend oder von der Frequentierung des Weges ab? Da die Übergänge naturgemäß (Thomas Berndard) fließend sind, haben wir uns geeinigt, dass das einzige Kriterium vermutlich die Ausrüstung (heute: das Outfit) ist. Mit Trekkingsocken (von Falke), Trekkingschuhen, Trekkinghose und Trekkingrucksack bist du vermutlich ein echter Trekker. Ein richtiger Trekkingrucksack sollte unbedingt nicht nur über die Schultern, sondern auch über den Kopf reichen. Ich zum Beispiel hatte lediglich Trekkingsocken, Bergschuhe, eine Jean und einen 40-Liter-Rucksack und eine Pudelhaube! Also was war das jetzt? Unwissend, ob wir nun Wandern, Bergwandern, Spazieren, Weitwandern oder Trekking waren - es war ein schöner, erlebnisreicher Tag

Österreicher-Kapelle

Für den Österreicher Toni Egger, der 1959 beim Abstieg vom Cerro Torre verunglückte, wurde in El Chaltén die Capilla de los Austriacos errichtet. Der Cerro Torre gilt als einer der schwierigsten und zugleich schönsten Gipfel der Erde. Die erste offiziell anerkannte Erstbesteigung erfolgte 1974. 
· Peter Meier-Hüsing: Der unmögliche Berg, 2006 
· Reinhold Messner: Torre. Schrei aus Stein, 2009
El Chaltén, Österreicher-Kapelle, Toni Egger El Chaltén, Österreicher-Kapelle, Toni Egger
Kapelle In Memoriam

Wäre doch gestern heute oder heute gestern, dann wären ,würden, hätten wir... Der schönste Tag in dieser Saison laut Pedro meinem "Spontanfreund" aus Punta Arenas ist heute. Also gut, fahren wir zum Lago Viedma und dem Gletscher gleichen Namens, der sich nach 70 km in den See schiebt und dort abbricht. Der Viedma-See variiert in seiner Größe enorm und hat je nach Wasserstand zwischen ca. 1100 und 1600 km². Die Größe des Gletscher wird mit 575 km² angegeben. Wir sind eine Stunde vor Abfahrt des Bootes an der Anlegestelle, von wo aus uns das Boot zum kalbenden Gletscher bringt. So versuche ich mich zum Zeitvertreib an ein paar Blumen- bzw Tierbildern. Einige auch bei uns bekannte Pflanzen wachsen hier in Zwergform.

Beim Lago Viedma, Nomeolvides, Vergissmeinnicht Beim Lago Viedma, Sauerampfer Beim Lago Viedma, Raublattgewächs Beim Lago Viedma, Vanellus chilensis, Bronzekiebitz
Nomeolvides Sauerampfer Raublattgewächs Bronzekiebitz

Der Bronzekiebitz ist durch unsere Anwesenheit sehr verstört. Er fliegt regelrechte Angriffe gegen die Eindringlinge und schreit schrill. Er hat vermutlich ein Gelege in der Nähe von dem er ablenken möchte.

Schließlich besteigen wir unser Boot, das uns ca. 15 km direkt zum Gletscherabbruch bringt. Auf dem See bläst der Ventus patagonicus so heftig, dass man sich auf dem Oberdeck zeitweise nur schwer bewegen kann. Langsam nähern wir uns der Gletscherzunge. Die 30 m hohe Gletscherwand beeindruckt ebenso wie die umhertreibenden Eisberge im leuchtenden Blau.

Viedma-Gletscher Viedma-Gletscher Viedma-Gletscher Viedma-Gletscher, Eisberg
Aussicht auf die
umliegenden Hügel
mit dahinter
aufragenden Gebirgen
Gletscherzunge  30m hohe
Gletscherwand
Eisberg
im Lago Viedma

Anlanden dürfen Gäste, denen 100 € für das Betreten des Gletschers und ein paar Schritte mit ausgeliehenen Steigeisen nicht zu teuer sind. Die Motive Fitz Roy und Cerro Torre ziehen mich immer wieder in Bann.

Die Genauigkeit der Orientierung mit GPS auf einem einfachen Smartphone ist mitunter verblüffend und bei Weggabelungen ohne Beschilderung oft von Nutzen. 

El Chaltén, Fitz Roy Lago Viedma, GPS
Fitz-Roy-
Gebirge
Lago Viedma

Morgen wollen wir El Chaltén in Richtung El Calafate verlassen. Um die Hotelrechnung zu begleichen, musste ich täglich mit Bankomat- und Kreditkarte die maximale argentinisch begrenzte Summe beheben. Bezahlung mit Kreditkarte ist zwar möglich, aber um eine Art "Mehrwertsteuer" von etwa 20% teurer. Wer denkt an so etwas? Der Ausspruch "Nur Bares ist Wahres!" hat hier besondere Bedeutung. Arvids Kenntnis der mitunter seltsamen Bräuche hier waren Gold wert.

 weiter...

Ihr preiswertes gemütliches Urlaubsdomizil, Hosteria Outsider, Arvid Puschnig, San Bernardo 318, Puerto Varas, Chile, Tel. 0056 (0)65 2231056   Hier geht's zur Startseite von www.chilereisen.at, ein kleiner Online-Reiseführer für Ihre Chilereise        Logo puertovaras-hostel.com, Unterkunft und Touren rund um Puerto Varas

© Text + Web: Wolfgang Raab, Bad Ischl, Austria, Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas, Chile