Chile - Reisebericht von Marlene und Guido 

1.Teil Puerto Varas  - 2. Teil Osterinsel  - 3.Teil Atacama 

Impressionen aus vier Tagen in Puerto Varas

Von Marlene und Guido aus Andwil SG in der Schweiz

 Vulkan Osorno

Erstmals in Südamerika sind wir auf einer 24 Tage dauernden Chilereise, von der grandiosen Osterinsel herkommend, in Puerto Montt gelandet und nach Puerto Varas zu  Arvids Hosteria Outsider gefahren. Die Hosteria ist tiptop eingerichtet und absolut sauber, es hat uns da sehr gut gefallen. Der Wetterbericht für die nächsten Tage war grottenschlecht, Arvid war trotzdem guter Dinge. Er meinte, wenn der Wetterbericht für Puerto Montt schlechtes Wetter voraussagt, heisst das noch lange nicht, dass es auch um den Vulkan Osorno herum regnet. Und er hatte recht. Wir fuhren los und machten die Touren kurzfristig abhängig von der Wolkenlage. Am Lago Llanquihue zeigte sich das Wetter besser als die Prognose, und da die Wolken am Vulkan Osorno nicht allzu dicht sind, findet Arvid, wir fahren am Osorno einmal hoch, um die Aussicht auf den See zu geniessen. Über dem Lago Llanquihue lagen Wolken, aber es regnete nicht. Am Osorno schien gar die Sonne durch die Wolken, so fuhren wir dem Vulkan entgegen. Zeitweise purzelten Wolken über den Gipfel, stürzten den Südhang hinunter, um sich auf halber Höhe des Vulkans im Nirwana aufzulösen. Ein einmaliges Schauspiel! Als wir oben am Ende der Strasse ankommen, verdüstert sich die Stimmung jedoch schlagartig. In Minutenschnelle überzieht ein handfester Sturm den dunklen Vulkanboden mit Eisgraupel. Der Wind rüttelt heftig am 2 Tonnen schweren Pickup, ans Aussteigen ist nicht zu denken. Wir schauen dem heftigen Treiben etwas zu und finden dann, es sei doch besser, wieder zu gehen. Kaum sind wir halb unten, scheint schon wieder die Sonne am Hang des Osorno. Unglaublich! So wenden wir uns gegen Süden dem nördlichsten Fjord Chiles zu. 

Lago Cayutué

In Ensenada zeigte sich, dass es nach Süden hin, dem nördlichsten Fjord entgegen fast wolkenlos war. In Ralun genossen wir die Aussicht, beobachteten Vögel und sahen Pferde, die wild durchs Wasser stampften. Arvid entschloss sich, von Ralun aus nach Norden abzubiegen und mit uns halbe „Geröllhalden“ hoch zu fahren. Als es nicht mehr weiter ging, liessen wir seinen roten 4x4 stehen und wanderten in anderthalb Stunden durch den Regenwald an den Lago Cayutué.

Man gibt es Arvid gar nicht, wenn er durch seine Hosteria schlurft. Kaum hat er seine Anden-Wollkappe und die Bergschuhe an, läuft er wie ein Wiesel. Da müssen wir, die wir daheim den Alpstein vor der Haustür haben, fast sehen, dass wir mitkommen. Es war auf der Wanderung völlig still. Man hörte nur das Rauschen des Windes in den Baumkronen oben und das Plätschern der Bäche oder einen Vogel. Hin und wieder suchten wir einen gangbaren Weg, um möglichst trockenen Fusses über kleine Hindernisse zu kommen. Der Lago Cayutué erinnerte uns fast etwas an mittelschwedische Seen mit ihrem Schilf und der grenzenlosen Einsamkeit. Wunderschön! Kurz vor Ende der Wanderung hörten wir Männergeschrei im Regenwald. Als wir den Regenwald verliessen, zeigte sich, dass einige Männer Ochsen anfeuerten, die Holz aus dem Wald schleppten.  

Insel Chiloé

Für einen Tagesausflug gingen wir auf die Insel Chiloé, im Frühjahr die gelbe Hölle genannt, weil der Ginster an allen Ecken und Enden
blüht. Mit der Fähre setzten wir in halbstündiger Fahrt über zum sagenumwobenen Archipel, der die in ganz Lateinamerika einzigartigen Holzkirchen beherbergt. Arvid lotste uns zuerst durch Ancud zum Strand von Puñihuil, von welchem man mit Booten der einheimischen Fischer  zu den nahen Pinguininseln übersetzen kann. Dort wären gleich zwei Arten zu sehen, denn die Insel ist zugleich der südlichste Nistplatz für die Humboldt-Pinguine und der nördlichste für die Magellan-Pinguine. Der Wellengang war leider derart hoch, dass an die kurze Bootsfahrt nicht zu denken war. Es regnete auch zeitweise, wie es an 300 weiteren Tagen im Jahr hier üblich sein soll. So zogen wir nach einem Drink im Restaurant unverrichteter Dinge wieder ab und machten uns durch eine hügelige Landschaft südwärts auf den Weg nach Castro, dem Hauptort der Insel. 

Dieser Ort fällt durch drei Dinge auf: Durch die Palafitos -die Pfahlbauten,
dann durch die wunderschöne Holzbasilika San Francisco und durch den Markt unten am Meer. In jedem Reiseführer werden die Palafitos als sehr sehenswert beschrieben, aber in kaum einem ist zu lesen, dass die als Touristenattraktion verkauften Pfahlbauten eigentlich nichts anderes sind als die Armenviertel der Stadt. Wer sich kein Land kaufen kann oder konnte, um sich ein Haus auf dessen Grund zu stellen, baute seinen Bretterverschlag aufs Wasser, weil das keine Grundstückskosten verursachte. Aus einiger Distanz sehen sie ganz hübsch aus, diese pastellfarbenen Tupfer in der Landschaft, bei näherem Hinsehen merkt man aber schon, dass das Leben darauf keineswegs als komfortabel bezeichnen werden kann. 

Der Markt am Hafen unten ist wunderschön. Neben allerhand Gewerblern (Metzger, Bäcker, Lebensmittelgeschäfte) gibt es auch eine ganze Anzahl sehr hübscher Stände mit farbigen Textilien, Taschen, Holzspielzeug und Kunsthandwerk aller Art. Nebenan stehen noch uralte Dampflokomotiven, die bis zum grossen Erdbeben von 1960 die Grundpfeiler des öffentlichen Verkehrs darstellten. Anscheinend war es damals billiger, auf Strassen zu setzen und Busbetriebe zu installieren, als Geleise zu reparieren. Im Nachhinein wohl ein Fehler. 

Höhepunkt jeden Besuchs auf der Insel Chiloé sind aber die 16 über die Insel 
verstreuten Holzkirchen, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehören. In Castro selbst steht die grösste dieser Kirchen, die dreischiffige Basilika San Francisco mit einer grossen Kuppel über dem Altar.
1906 - 1908 nach Plänen eines italienischen Architekten erbaut, dem eigentlich ein Betonbau vorschwebte. Die Einwohner von Castro entschieden sich aber für einen Holzbau, vor allem aus Alerce, weil das in Hülle und Fülle vor Ort vorhanden war. Der ganze Bau ist mehr als nur beeindruckend, man könnte fast sagen, sensationell. Norwegische Stabkirchen könnte man gleich mehrere in jener von Castro "versorgen". Der Bau dieser Kirchen wurde im 17. Jahrhundert von aus Bayern stammenden Jesuiten begonnen und nach deren Ausweisung von Franziskanern weiter vorangetrieben. Die Inselbewohner benützten keine Nägel beim Bau, sondern Holzdübel wie beim Bau der eigenen Häuser. Diese Kirchen sind ein Zeugnis für eine erfolgreiche Verschmelzung der Kulturen. Die aussen mit einer Blechhaut verkleideten, farbigen Gotteshäuser passen sehr gut in die Landschaft. Nach diesem eindrücklichen Besuch kehrten wir nach Puerto Varas zurück. 


© Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas