Chile - Reisebericht von Marlene und Guido 

1.Teil Puerto Varas  - 2. Teil Osterinsel  - 3.Teil Atacama 

Impressionen von der Osterinsel

Von Marlene und Guido aus Andwil SG in der Schweiz  

Die Osterinsel

Von Santiago de Chile her kommend, landen wir Ende September 2007 nach fast fünf Stunden Flug hart am Dorfrand von Hanga Roa, dem einzigen Inselort mit 5000 Einwohnern, auf einer überdimensioniert langen Piste, die in den 70er Jahren von den Amerikanern erstellt wurde als Ausweichlandeplatz für den Space Shuttle. Die bloss 166 Quadratkilometer grosse Osterinsel ist eine der einsamsten Inseln der Welt. Zur Küste Chiles sind es 3700, nach Tahiti im Westen sind es weitere 4000 Km. Der Holländer Jacob Roggeveen entdeckte die Insel im April 1722 mit seinen drei Schiffen. Weil gerade Ostern war, nannte er sie Osterinsel.

Zur Begrüssung wird uns der für die Südsee typische Blumenkranz um den Hals gelegt. Auf dem Weg zum Hotel   fallen einerseits die subtropische Vegetation auf mit Bananenstauden, Korallenbäumen und blühenden Bougainvillea-Sträuchern und anderseits die leichte Bauweise der Häuser. Es ist hier nachts im Winter (Juli/August) kaum unter 12 bis 14 und tagsüber im Sommer (Januar/Februar) auch kaum über 30 Grad warm. Die Osterinsel kennt keine Hurricane. Es gibt keinen öffentlichen Verkehr. Wer ein Auto hat, fährt damit wohl bis es auseinanderfällt. Die Polizei scheint beide Augen zuzudrücken. Zwischen Fussgänger, Autos und Roller mischen sich immer wieder junge Männer mit langer Mähne auf ungesattelten Pferden. Sie parkieren ihre Vierbeiner am Baum vor dem Supermercado.

Die über die letzten Jahrhunderte traurige Geschichte der Osterinsel endete erst 1964, als die Einheimischen, die sich Rapa Nui nennen, im Gesetz den Chilenen gleichgestellt wurden. Die bekanntesten Botschafter der Osterinsel waren der Norweger Thor Heyerdahl mit seinen Forschungsarbeiten in den 60er-Jahren, sowie Kevin Kostner mit seinem Hollywood Etnomovie „Rapa nui“ im Jahre 1993. Seither sind die Moais, die Steinfiguren, weltweit bekannt. Ihre Bedeutung kann man auch heute nur erahnen. In der Werkstatt am Krater Rano Raraku wurden die Statuen direkt aus dem Gestein gehauen. Die Steinmetze zeichneten die Umrisse des künftigen Moai auf die Kraterwand. Danach wurden die Figuren von der Seite her oder von der Vorderansicht aus dem Vulkangestein geschlagen.  Die Vorderseite wurde ohne die Augenpartie vollständig fertig gestellt, die Rückseite anschliessend sorgfältig aus dem Fels gelöst, bis nur noch ein schmaler Steg die Figur mit dem Felsen verband. Anschliessend sicherte man den Koloss mit Seilen, durchschlug den Steg und liess ihn in eine Grube am Fuss des Kraters gleiten. Dort wurde der Moai aufgestellt, um auch den Rücken fertig zu bearbeiten. Anschliessend erfolgte der Transport an den für ihn vorgesehenen Standort, der bis zu 20 Km entfernt sein konnte. Auch darüber, wie man die locker 80 bis 90 Tonnen schweren Moais transportierte, gibt es mehr Vermutungen als gesicherte Angaben. Die Kolosse wurden nach dem beschwerlichen Transport auf eine architektonische Steinplattform, Ahu genannt, gehievt. Erst hier wurden den Moais die Augenpartien ausgemeisselt und dann mit weissen Korallenaugen und einem schwarzen Obsidian als Pupille versehen. Die allermeisten Ahu stehen am Meer. Die Rapa Nui leben seit jeher an der Küste, weil es nur hier Trinkwasser gibt. Die Moais auf dem Ahu (Tempelanlage) bildeten das Zentrum jeder Sippe oder Dorfgemeinschaft. Die Moais, mit dem Rücken zur Küste, waren wahrscheinlich verehrenswürdige Ahnen, deren Seelen nach dem Tod aufs Meer hinausgingen. Durch das Einsetzen der Augen auf dem Ahu kehrte das Mana der Ahnen, die übernatürliche Kraft, auf die Lebenden zurück. Im Wettstreit der Sippen wurden die Moais im Lauf der Jahrhunderte immer grösser.

Wir nutzen die Dienste von Josef Schmid (www.osterinsel.ch) , einem seit 1991 auf der Osterinsel lebenden Luzerner, der uns archäologisch fundiert, in zwei Ganztagesexkursionen alle wichtigen Sehenswürdigkeiten auf der Insel zeigte. Nahe beim Dorf, am Friedhof   vorbei, in dem alle Toten mit dem Kopf zum Meer bestattet werden, genau so wie die stehenden Moais sich positionieren -kein Einheimischer schläft mit dem Kopf zum Meer, denn das tun nur die Toten-, stehen drei Ahu mit total sieben Moais. Am schönsten ist sicher der Moai auf dem Ahu Kot te Riku, erstellt im 12. Jahrhundert, er trägt hier als einziger den Kopfschmuck, den Pukao, er ist zudem der einzige auf der ganzen Insel, dem man in einer Nachbildung die Korallenaugen mit Obsidian eingesetzt hat. Südlich von Hanga Roa und vom Flughafen steht der Vulkan Rano Kau, auf dessen Kraterrand das Zeremoniendorf Orongo steht. Die rekonstruierten Steinhütten stehen im Zusammenhang mit dem Vogelmann-Kult. Make Make ist der oberste Gott, der von den Rapa Nui auch Menschenopfer verlangte. Im Frühjahr, wenn auf der benachbarten Vogelinsel die Rauchschwalben nisteten, versammelten sich hier junge Männer aus allen Stämmen. Sie stiegen um die Wette die fast senkrechte Kraterwand hinunter zum Meer, schwammen zum Eiland und holten sich ein Vogelei. Wer zuerst mit unbeschädigtem Ei wieder oben am Kraterrand stand, bestimmte das Menschenopfer und regierte für ein Jahr die Insel.  Hier oben am Kraterrand öffnet sich ein wunderschönes Panorama über den 170 Meter tiefer liegenden Kratersee, auf dem Totora-Binsen (Scirpus riparius) schwimmen. Auf der andern Seite des Kraterrandes ist neben der Vogelinsel und zwei Felsvorsprüngen nichts zu sehen als die Weite des Pazifiks.

20 Km von Hanga Roa entfernt, in der Werkstatt am Krater Rano Raraku, sind 397 Moais zu sehen. Sie liegen auf dem Rücken oder auf dem Bauch, sind teilweise gar nicht vom Felsen getrennt. Der grösste liegende Moai ist 21 m lang. Viele stehen, meist schief, nur die Köpfe sind sichtbar, der Rest des Körpers steckt bis zu zehn Metern in der Erde. Ein faszinierendes und bizarres Bild, das sich dem Besucher hier öffnet. Knapp zwei Kilometer von Rano Raraku entfernt, steht an der Südküste der gewaltige Ahu Tongariki mit 15 Moais.   Am 21. Mai 1960 löste ein heftiges Erdbeben an der chilenischen Südküste einen Tsunami mit einer 30 m hohen Flutwelle aus, der den ganzen Ahu in Sekunden zerstörte. 1983 wurde mit der Restauration begonnen. Aufgrund alter Fotos wurden die Moais an den ursprünglichen Platz gesetzt. Seither weiss man, dass der grösste Moai hier 88 Tonnen wiegt, der abgebrochene und wieder aufgesetzte Kopf allein ist 26 Tonnen schwer. Die Wissenschaft förderte bei dieser Arbeit zu Tage, dass an diesem Ahu um die 1000 Jahre gebaut wurde, Dutzende alte kleinere Moais wurden durch grössere ersetzt, die alten dienten als Füllmaterial für die grösser gewordene, 180 m lange Plattform. Der grösste, heute hier stehende Moai hat die Höhe von 9,8 m. Neben ihm kommt man sich sehr klein vor. 

An der Nordküste, am Korallenstrand von Anakena, steht der Ahu Nau Nau in völliger Südseeumgebung mit Palmenwald. Gleich vier Moais tragen hier einen Pukao, den Kopfschmuck. Im Inselinnern steht der Ahu Akivi, der besonders deshalb auffällt, weil die sieben Moai alle die ungefähr gleiche Grösse haben.

Ein fünftägiger Aufenthalt lohnt sich. Die Szenerie, die man zu sehen bekommt, ist einmalig auf der Welt. Die Osterinsel gilt in Chile als teuer, weil fast alles, viele Nahrungsmittel, Investitionsgüter, ja selbst Autos vom Festland eingeflogen werden müssen.  

Auf einen Blick:

Anreise: Swiss fliegt täglich ab Zürich via Sao Paulo direkt nach Santiago de Chile, LAN ab Frankfurt via Madrid. Auf der Strecke Santiago – Isla de Pascua (Osterinsel) hat LAN das Monopol, durchgehende Tickets von Europa zur Osterinsel sind nicht immer billiger. Manchmal gibt es im Winterhalbjahr (Mai-September) günstige Tickets von Santiago zur Osterinsel im Internet: www.lan.com. LAN fliegt im Winter dreimal wöchentlich, im Sommerhalbjahr (Okt – März/April) 4 -5 mal. Zwei Flüge pro Woche gehen von der Osterinsel weiter nach Tahiti. Flüge generell mindestens ein halbes Jahr vorher buchen.

Beste Reisezeit für die Osterinsel: Das ganze Jahr möglich, Hochsaison im Sommer von November bis März.

Information: ausführliche Reiseführer: von Iwanowski Chile mit Osterinsel; Reise Know-how Chile und die Osterinsel. Eine informative 50 minütige DVD in Zusammenarbeit mit Josef Schmid gibt es bei archiv@osterinsel-freunde.de



© Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas