Reisen
Frauen anders? Das Geschäft
mit den Frauenreisen boomt. Worin unterscheiden sich aber Frauen beim Reisen von
Männern? Die vielen selbsternannten Experten auf diesem Gebiet, die
Reiseveranstalter, die solche Frauenreisen anbieten, geben dazu nur selten eine
befriedigende Antwort. Aber sie warten mit speziellen Angeboten auf. Lösungen,
die ihnen natürlich neue Kunden, -Verzeihung!- Kundinnen bringen sollen. Wer
heutzutage mit einem genügend großen Reiseangebot aufwarten kann, bietet neben
Jugend-, Senioren- und Behindertenreisen auch spezielle Reisen für Frauen an.
Andere haben sich mit derartigen Frauenreisen einfach eine Marktlücke
erschlossen. Aber, so möchte ich jetzt alle Frauen, die diesen Artikel lesen,
fragen: Wird hier nicht manchmal ein bisschen übertrieben? Müssen wirklich
alle Bediensteten in Ihrem Reisebüro Frauen sein? Darf das Taxi, welches Sie
vielleicht vom Flughafen abholt, wirklich nur von einer Frau gelenkt werden?
Legen Sie wirklich so großen Wert darauf, dass die Reiseleitung von einer Frau
gemacht wird? Oder sind das nur Nebensächlichkeiten, die mit den wirklichen Wünschen
und Bedürfnissen von Frauen wenig zu tun haben?
Frauen
reisten anders. Bis ins
19. Jahrhundert war es Frauen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kaum möglich,
alleine auf Reisen zu gehen. Allerdings war das kein Problem des Reisens an
sich, sondern ein Problem des gesellschaftlichen Status der Frau. Frauen verfügten
über kein eigenes Einkommen, der Zugang zu höherer Bildung war ihnen meist
verschlossen. Für Frauen wie Ida Pfeiffer, Anna Maria Sibylla Merian, Isabel
Burton, Isabelle Eberhardt oder Harriet Martineau war es ein Wagnis, allein auf
Reisen zu gehen. Ein Wagnis, welches manche von ihnen mit ihrem Leben bezahlen
mussten. Heute im 21. Jahrhundert hat sich die gesellschaftliche Stellung der
Frau zumindest in der westlichen Welt weitgehend geändert.
Frauen
reisen anders. Nun, die
oben genannten Pionierinnen des Frauenreisens wollten eigentlich gar nicht
anders reisen. Sie wollten vielmehr einfach den Männern gleichgestellt werden
und waren somit auch Vorkämpferinnen für die Gleichberechtigung. Die Anbieter
von Frauenreisen heutzutage zielen aber auf etwas anderes ab. Man bzw. frau gibt
vor, auf die speziellen Bedürfnisse und Interessen von Frauen eingehen zu können
und übersieht dabei gerne, dass diese Bedürfnisse oftmals erst durch die
Werbung geweckt wurden.
Alleinreisende Frauen in Südamerika
Soweit mir
bekannt ist, werden spezielle Frauenreisen nach Chile oder Argentinien
(noch) nicht ageboten. Das heißt, eine Frau, die allein eine solche
Reise unternehmen will, muss aus der Vielzahl
der angebotenen Gruppenreisen, die ihren Wünschen und Bedürfnissen
entsprechende wählen. Dass dabei eine alleinreisende Frau vielleicht mit einer
zweiten alleinreisenden Frau im Doppelzimmer untergebracht wird, lässt sich bei
derartigen Gruppenreisen sicher leicht regeln. Ansonsten tragen dieses Reisen ja
meist einen Abenteuer- oder Studienreisecharakter und sind für beiderlei
Geschlechter gleichermaßen geeignet. Eine Spezifizierung auf bestimmete
Personengruppen ist meist nicht geschlechtsbezogen. Eher sollte man hier nach
anderen Kriterien unterscheiden. Reisen für Bergsteiger sind nun mal für
Bergsteiger und Bergsteigerinnen. Reisen zu den großen Observatorien in Chile
sind wahrscheinlich Astronomen und Astronominnen vorbehalten. Dennoch, schon
beim Entschluss, eine solche Reise zu unternehmen, spielen bei Frauen ein paar
Dinge eine wichtigere Rolle als bei Männern. Zum Beispiel die Frage nach der
Sicherheit.
Nun, ich
betreibe im Süden Chiles, im chilenischen Seengebiet eine kleine Hosteria. Sie
werden es nicht glauben, wie viele Frauen alleine oder mit einer Freundin in den
letzten Monaten hier waren. Die Reiseberichte auf meiner Website von Tamara
und Irene, von Annina
und Flurina, von Anita
und Susanne oder von Liesa
zeugen davon, geben aber nur einen kleinen Ausschnitt wider.
Frauen
reisen anders und sehen
die Welt mit anderen Augen. Auch das mag richtig sein. Aber die Welt mit
anderen, unterschiedlichen Augen sieht wohl jeder Mensch. Ob er sich nun in
einer Gruppe von Männern oder in einer Gruppe von Frauen oder in einer
gemischten Gruppe befindet, oder ob er allein auf Reisen gegangen ist, spielt
dabei sicher nur eine untergeordnete Rolle. Quot capita, tot sensus.
Das ist auch gut so. Gerade
beim Reisen soll sich doch jeder ein eigenes Bild der Welt machen.
Frauen
reisen anders und haben
andere Bedürfnisse. Auch das ist richtig. Aber es hat mit Frauenreisen nichts
zu tun. Oder doch? Der Teufel liegt in dem Wort Reisen versteckt. Reisen
bedeutet für den einen Freizeit, Erholung, Entspannung, Ruhe. Für den anderen
jedoch Abenteuer, Erlebnis, Bildung, Erfahrung, ja Stress. Für die Ersteren
gibt es natürlich erhebliche Unterschiede zwischen Männer und Frauen, für die
Letzteren, die sicher das Gros der Chile-. Patagonien- oder Argentinienurlauber
ausmachen, wohl kaum. Eine Chile-oder eine Patagonienreise ist nun einmal etwas
anderes als zwei Wochen Türkei oder Griechenland. Auch nicht zu vergleichen mit einem Wellnessurlaub im
Schwarzwald oder einer Städtereise nach Rom.
Reisen
Frauen wirklich anders in Südamerika? Ich glaube, es geht einfach darum, Frauen, die allein oder auch zusammen mit
anderen Frauen eine individuelle Reise nach Südamerika planen, ein paar Ängste
und Zweifel in Bezug auf Sicherheit und Akzeptanz zu nehmen. Vielleicht ist es
dazu für Sie als Frau schon einmal hilfreich zu wissen, dass Sie nicht die
einzige sind, die eine solche Reise unternimmt, dass vor allem Chile,
Argentinien oder auch Peru als sichere Länder für Touristen gelten, dass Sie
an so gut wie allen touristischen Zielen bei der Auswahl Ihrer Unterkunft auch
den entsprechenden Standard an Service, Sauberkeit und Hygiene, der Ihren persönlichen
Vorstellungen entspricht, vorfinden werden und auswählen können
und dass Sie selbst im Falle einer unerwarteten Erkrankung medizinisch
ausreichend versorgt werden können. Eine
Reise nach Südamerika ist immer auch ein faszinierendes Abenteuer. Für Frauen
und für Männer!
© Arvid Puschnig