Reisebericht  Chile 

15. Jänner bis 7. Februar 2011

 Ein Bericht von Wolfgang Raab

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Freitag, 4. Februar 2011

Die Wahrheit triumphiert nie... Ein Besuch in Monte Verde

Heute bin ich mit Arvid allein unterwegs, weil Rüdiger bereits seine Heimreise angetreten hat. Unser erstes Ziel ist der "Grünberg", eine höchst interessante archäologische Ausgrabungsstätte, von der außer ein paar Hinweistafeln leider nichts mehr zu sehen ist. Monte Verde liegt in ca. 20 km Entfernung von Puerto Montt in etwa westsüdwestlicher Richtung am Chinchinhuapi-Fluss. Die Hintergrundinformation über diesen in Archäologenkreisen weltberühmten Ort ist typisch für den Fortgang in der Wissenschaft. Bereits Max Planck bemerkte einmal: 

Die Wahrheit triumphiert nie, ihre Gegner sterben nur aus.

Monte Verde ist ein Ort, für den dieses Zitat vielleicht einmal schlagend werden könnte. Die gängige Theorie der Besiedlung Amerikas ist vielfach noch immer die Clovis-Theorie. In der Nähe der Stadt Clovis in Neu Mexico wurden 1932 zahlreiche archäologische Funde ans Tageslicht befördert, die folgende Besiedlungsgeschichte nahe legten: Die ersten Amerikaner seien die "Clovis-Menschen", die über die vor 10.000 bis 13.200 Jahren trockene Beringstraße aus Asien kamen und sich im Raum um Clovis ansiedelten. Seit dem Schmelzen der Gletscher etwa um 10.000 BP (=Before Present) ist die Meerenge überflutet und damit Amerika von Asien getrennt. Mittlerweile gibt es mehrfach Hinweise, dass Menschen aus dem heutigen Japan, China und Südostasien schon wesentlich früher den Weg über das Meer nach Südamerika gefunden haben könnten. Mario Pino von der Universidad Austral de Chile und Tom Dillehay von der University of Kentucky  begannen 1977 mit Ausgrabungen und veröffentlichen 1986/88 ihre Ergebnisse. Insbesondere nehmen sie eine erste Besiedlung Amerikas bei Monte Verde um 30.000 BP an. Die gängige Lehre lehnte aber noch lange eine Besiedlung vom Meer her ab. Vor wenigen Jahren verfolgte nun auch der Berliner Paläobiologe Frank Riedel von der Freien Universität Berlin Dillehays These. Auf dem Sender Phoenix lief im Juni 2010 zu diesem Thema eine Dokumentation von Riedel: "Das Rätsel der ersten Amerikaner". Auf folgender Internetseite ist eine kurze Inhaltsangabe dieser Sendung: http://greyhunter.blog.de/2010/06/07/tv-heisse-spur-monte-verde-raetsel-ersten-amerikaner-phoenix-do-10-06-10-20-15-uhr-fr-11-06-10-18-30-uhr-8752077/
Ein endgültiges Ergebnis steht noch aus, zumal die Clovis-Lobby so gut wie gar nicht in Monte Verde geforscht hat. Eine Annäherung der beiden Standpunkte zeichnet sich insofern ab, als 1997 die American National Geographic Society den Dillehey-Kritikern eine Monte Verde Excursion finanzierte. Seither gilt die Clovis-First-Theorie weitgehend als überholt. Dass Südamerika ausschließlich über den Landweg besiedelt wurde nehmen aber immer noch sendungsbewußte fanatische Wissenschaftler an. Aufschluss über den tatsächlichen Hergang könnte die Unterwasserarchäologie an der Westküste Amerikas liefern. Auch hier gibt es bereits interessante Ansätze. Bis zur restlosen Aufklärung wird es aber wohl noch ein Weilchen dauern! 

Weder die Besiedlungsgeschichte Amerikas noch Namen hier tätiger Wissenschafter sind erwähnt!?
Monte Verde, Chile Monte Verde, Chile, Puerto Montt Monte Verde, Chile, Hinweistafel archäologische Fundstätte

Die Lage von Monte Verde (Wikimapia):
http://wikimapia.org/#lat=-41.5036279&lon=-73.2057238&z=16&l=0&m=b&tag=44605

Mögliche Wege der Einwanderer in den amerikanischen Kontinent

Jede Besiedlung könnte ja auch tatsächlich stattgefunden haben. Die Schwierigkeit der Datierung ist heute nicht mehr das ganz große Problem. Weitaus komplexer ist die Geschichte der Vergletscherung von Südamerika, die den Schlüssel überhaupt möglicher Besiedlungsstätten zu verschiedenen Epochen enthält.
Karte Besiedelung Amerikas


Die Abgeschiedenheit in 20 km Entfernung von einer Stadt mit 175000 Einwohnern ist erstaunlich. Die Stromversorgung erfolgt mit Einphasenstrom. Bevorzugte Zugmaschinen sind Ochsen!

Gespanne dieser Art trifft man auch
auf stark frequnentierten Straßen

Stromversorgung mit nur einer Phase
(Gibt es bei uns im Oberleitungsbetrieb)

Ochsengespann auf einer Straße in Chile Stromversorgung mit nur einer Phase in Chile


Unsere Fahrt führt weiter ein Stück abwärts entlang des Rio Chinchinhuapi und auf einem kleinen Umweg zu seiner Einmündung in den Rio Maullin, der den Lago Llanquihue, den zweitgrößten See Chiles zum Pazifik entwässert. Der Fluss gilt als sehr gutes Fischwasser, was sich durch mehrere Boote mit Fliegenfischern bemerken lässt. "Flyfishing" ist übrigens ein chilenischer Fremdenverkehrszweig in mehreren Regionen, bei dem man stattliche Summen für ein paar Tage für dieses exklusive Vergnügen auslegen kann!

Flussinsel im Maullin Fliegenfischer Amancay (Alstroemeria aurea)
Rio Maullin Fliegenfischer am Rio Maullin Amancay (Alstroemeria aurea)

Wir fahren weiter nach Carelmapu, einem Fischerdorf am Canal de Chacao. Diese Meerenge von ca. 5 km Breite trennt Chile von seiner größten Insel Chiloé (180 km lang, 50 km breit, 9500 km², 150.000 Einwohner). Die Einwohner Carelmapus bestreiten ihren Lebensunterhalt hautsächlich durch Fischen bzw. Tauchen nach Seeigeln und Piure.. Je nach Jahreszeit werden die verschiedenen Meeresfrüchte geerntet, an Ort und Stelle verkauft und mit Kühllastwagen abtransportiert. Die Arbeitsbedingungen der Taucher sind schlecht, nicht ungefährlich und unterbezahlt.

Die gelben Baumarktschläuche versorgen
den Taucher mit Luft
 Kompressor
Seeigeltaucher
"Kapitän" eines
 Fangschiffes
Carelmapu Carelmapu, Taucher Carelmapu, Kapitän
So öffnet und so verspeist man Seeigel (falls man sie mag) 
Carelmapu, Seeigel Carelmapu, Seeigel
Malerisch liegen die Fangboote vor der Küste und im kleinen Hafen des Ortes
Carelmapu, Fischerdorf Carelmapu, Boot
Bestattungsinstitut in Maullin Die heutige Reiseroute
Hinfahrt ROT Rückfahrt BLAU
Maullin Karte Puerto Varas - Monte Verde - Carelmapu - Maullin

Von Carelmapu - auf der Karte der südwestlichste Punkt - fahren wir nach Maullin mit einem anheimelnden örtlichen Bestattungsinstitut. Der wahre Grund des Abstechers war Treibstoffmangel! Von dort weg führt unsere Route (blau) 100 km zurück nach Puerto Varas. Auch dieser vorletzte Tag in Chile hat mich beeindruckt, weil die Ziele Monte Verde und Carelmapu EINMALIG waren. Mit etwas Wehmut lege ich mich zum vorletzten Mal auf der Südhalbkugel zu Bett und nehme mir fest vor, wiederzukommen. Schließlich haben wir ja auch von den Calafate- bzw. Michaybeeren genascht. In Patagonien sagt man: Wer von diesen Beeren isst, kommt wieder hierher zurück. Calafate- oder Michaybeeren sind die Früchte chilenischer Berberitzengewächse.
Die Gemeinsamkeit: Stacheln. 
Der Unterschied: die Farbe der Früchte - meist blau.

Fünf der sechs verschiedenen chilenischen
Berberitzenarten haben blaue Früchte.
Die heimische Berberitze - auch Sauerdorn
genannt - hat rote Früchte.
Calafate, Michay, Berberis trigona Calafate, Michay, Berberis buxifolia Berberitze, Sauerdorn


 

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© Text + Fotos: Arvid Puschnig, Puerto Varas, Wolfgang Raab, Bad Ischl, Austria   Web: Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas, Chile Tel.+56 (0)65 2231056